Albacete 04
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Podium Eurocup 4, Albacete

Das Podium des ersten Eurocup-Rennens in Albacete: v.l. stehend: Steff Flückiger (5.), Pascal Richoz (10.), Stéphane Bourgeois (3.), Max Teuber (7.), Jacques Schmid (1.), Frank Penningsfeld (2.), Chris Sieger (8.) und unten Chrigel Jenni (6.), Role Reymond (MCT), Franz Scherrer (4.) und Manuel Junquera (9.)



Eurocup in familiärem Rahmen

11 Rennfahrer fassten sich anfangs März ein Herz und fuhren - zum zweiten Mal innert nur vier Wochen - für den Eurocup des Moto Center Thun nach Spanien. Der Circuito de Velocidad in Albacete stand nun - nach Jerez - auf dem Programm.

Die Elf sollten es nicht bereuen. Unter strahlend blauem Himmel trainierten sie an den ersten beiden Tagen am Nachmittag unter idealen Bedingungen. Die familäre Atmosphäre gestattete es, zum Abschluss der beiden Trainingstage um 17 Uhr je ein Plauschrennen auszutragen, bei dem sich jeweils alle acht oder neun Fahrer auf einer Reihe am Start aufstellten. Die Zielgerade in Albacete ist lang genug, damit allen Rennfahrern Zeit genug bleibt, um sich ihren Rundenzeiten entsprechend vor der ersten Kurve einzuordnen.

Am ersten Tag siegte André Zurbrügg locker vor Teamkollege Franz Scherrer. Dahinter folgten die beiden Welschen Jacques Schmid und Stéphane Bourgeois. Der Düsseldorfer Frank Penningsfeld mochte mit seinen abgefahrenen Reifen nicht mittun.

Am Dienstag abend im zweiten Plausch-Match holte sich Scherrer den ersten Platz vor Teamkollege Zurbrügg. Jacques Schmid wurde Dritter, Frank Penningsfeld Vierter und Stéphane Bourgeois Fünfter. All diese Fahrer drehten ihre schnellste Runde innert einer Sekunde. Mit einigem Abstand folgte Chrigel Jenni als Sechster, vor Stefan Flückiger vom MRD-Reifendienst und vor Manuel Junquera, der mit der brandneuen Yamaha R1 in Albacete angerückt war.

Jacques Schmid trumpft gross auf

Am frühen Mittwoch morgen, dem ersten offiziellen Renntag, regnete es leicht, so dass die Piste erst gegen Mittag abtrocknete. Obwohl am Vorabend im initmen Kreis der Rennfahrer vereinbart worden war, das erste offizielle Eurocup-Rennen wie die beiden Plauschrennen um 17 Uhr zu starten, machte um halb Zwei die Kunde die Runde, das Rennen beginne schon um 15 Uhr, weil sich für den Abend wieder schwarze Wolken ankündigten.

Das brachte die beiden Teamkollegen André Zurbrügg und Franz Scherrer ganz schön ins Rotieren. Sie hatten zu diesem Zeitpunkt noch keine einzige Runde gedreht und planten vor dem Rennen noch Reifen zu wechseln. Also reichte es gerade mal für fünf Trainingsrunden vor dem Wechsel, um pünktlich um 3 Uhr parat zu sein.

Scherrer musste diesem Rush denn auch Tribut zollen. Er vermochte das horrende Tempo das insbesondere die beiden Welschen Kollegen von Beginn weg vorlegten, nicht mitzuhalten. Mit einigem Abstand folgte er der Vierergruppe vor ihm. Besser erging es da André Zurbrügg. Er hielt sich locker hinter dem Führenden Stéphane Bourgeois und Jacques Schmid. Als Vierter folgte Frank Penningsfeld.

Alle Fünf brannten ihre schnellste Zeit schon in der zweiten oder dritten Runde in den Asphalt. Die ersten Vier lagen alle innert drei Zehntel. Zurbrügg legte die Latte mit 1:37.838 am höchsten, Bourgeois folgte mit 1:37:865, dann Penningsfeld mit 1:37.968 und Schmid mit 1:38.124. Eine ganze Sekunde langsamer war Scherrer mit 1:39.208.

Angesichts der knappen Zeitabstände fightete das Quartett an der Spitze mit Harken und Klauen um den Sieg. Zurbrügg sagte nach dem Rennen: "Ich wollte angesichts der wild driftenden Romands nichts riskieren und beschloss, den beiden sicher nachzufahren, statt irgendwo zu attackieren."

Zurbrüggs Verderben - ausgleichende Gerechtigkeit?

Das sollte Zurbrüggs Verderben werden. In der letzten Runde vertat sich der Führende Borugois derart in der schnellen Rechtskurve vor der letzten Schikane, dass er ganz auf die Curbs hinausgetragen wurde und nicht voll auf die Schikane zu beschleunigen konnte. Schmid nutzte diese Schwäche, um auf die Schikane zu innen vorbei in Führung zu gehen. Ihm auf den Fersen war Zurbrügg. Mittlerweilen hatte sich Bourgeois aber wieder gefangen und stach ebenfalls - von ganz aussen - in die Schikane. Weil dort aber nur Platz für ein Motorrad ist, kam es unweigerlich zur Kollision.

Bourgeois konnte sich durchs Kiesbett retten und das Rennen als Dritter hinter Schmid und Penningsfeld beenden. Zurbrügg aber stürzte schwer, das Motorrad überschlug sich und blieb mit völlig zerfetztem Heck im Kies stecken, derweil der Berner Oberländer angeschlagen davon humpelte. Zurbrügg rätselte nach dem Rennen an übersinnlicher Gerechtigkeit herum: In Jerez hatte er Edgar Schnyder zu Sturz gebracht und ins Kies geschickt - nun widerlief ihm das gleiche Schicksal.

Und wieder erbte Scherrer damit einen Platz, den Vierten diesmal. Fünfter wurde Steff Flückiger, der seine schnellste Runde am Schluss mit 1:41.975 drehte. Die beiden Teamkollegen Chrigel Jenni und Max Teuber, die als einzige in der Boxengasse von einer guten Seele, Chrigels Frau Monika, betreut wurden, ergatterten sich die Plätze 6 und 7. Stolzer Als Achter wurde der Luzerner Chris Sieger auf seiner Ducati 916 bester Fahrer, der nicht mit einer Suzuki GSX-R 1000 ausgerückt war. Manuel Junquera auf der neuen R1 rettete sich als Neunter noch vor dem Überrunden, Pascal Richoz komplettierte das Feld als Zehnter.

Mit seinem Sieg machte Schmid auf den viertplatzierten Scherrer 7 Punkte im Zwischenklassement wett.

Weil die Wetterprognosen für den Freitag Regen angesagt hatten, beschlossen die Organisatoren zusammen mit den Rennfahrern, am Donnerstag zwei Rennen abzuhalten. Das 4-Stunden-Teamrennen konnte mangels Teilnehmer eh nicht durchgeführt werden. Also beschloss man stattdessen ein Rennen über eine GP-Distanz, also 25 Runden, auszutragen. Als Startzeit für das Sprintrennen wurde 14 Uhr vereinbart, das GP-Rennen sollte um 16.30 Uhr über die Bühne gehen.

Motoracing-Man Scherrer kontert am zweiten Renntag

Am Donnerstag war die Piste morgens vom nächtlichen Regen ebenfalls noch feucht, trotzdem schwang sich der Motoracing Man schon um elf Uhr erstmals in den Sattel, um mit Slicks auf der feuchten Piste seine ersten Runden zu drehen. Er wollte sich nicht - wie am Vortag - nochmals kalt erwischen lassen und drehte deshalb fleissig seine Runden. Von den andern schnellen Fahrern war zu jenem Zeitpunkt auf der Piste nichts auszumachen. Bis um 13.20 Uhr hatte Scherrer gut 30 Runden trainiert und dabei ein sicheres Gespür für die mittlerweilen fast ganz trockene Piste entwickelt. Bourgeois, Schmid und Penningsfeld hatten sich auf wenige Aufwärmrunden beschränkt.

Entsprechend kalt wurden die drei vom Motoracing Man erwischt. Er stürmte vom Start weg in Führung und fuhr einen sicheren Start-Zielsieg heim. Dabei steigerte er sich mit seiner schnellsten Runde um mehr als eine halbe Sekunde auf 1:38.655 und drehte alle zwölf Runden in 38er- oder 39er-Zeiten. Die schnellste Rennrunde ging zwar an den Zweitplatzierten Penningsfeld mit 1:38.424, in der zweiten Rennhälfte mochte der schnelle Deutsche aber wegen Problemen in den Unterarmen den schnellen Pace von Scherrer nicht mehr mitzugehen. Die beiden Welschen Kollegen beklagten nach dem Rennen dagegen mangelnden Grip am Hinterrad als Grund für die Niederlage.

Die Plätze 5 bis 8 gingen in der gleichen Reihenfolge wie am Vortag an Flückiger, Jenni, Teuber und Junquera. Chris Sieger beerdigte seine Ducati 916 ausgangs einer schnellen Links im Kies. Im hinteren Rennfeld schlug Jenni diesmal Flückiger mit der schnellsten Runde um zwei Zehntel und verbesserte sich auf 1:42.153.

GP-Distanz statt 4-Stunden-Rennen

Pünktlich um halb fünf traten die Fahrer zum Rennen über die GP-Distanz, also 25 Runden an. Wieder schnappte sich Scherrer nach dem Start die Führung, aber bereits Ende Zielgeraden wurde er vom heissen Bourgeois ausgebremst. In der Folge boten sich die beiden einen Kampf auf Biegen und Brechen. Borugeois quälte seine GSX-R am Limit des Fahrwerks aus den Kurven, um die Fürhung zu verteidigen. Zu seinem eigenen Leidwesen, begann er schon früh auf der Kampflinie zu fahren, was den Fahrern hinter ihm erlaubte, dicht aufzuschliessen. Als Schmid zur Rennhälfte Scherrer das Vorderrad zeigte, nachdem der wiedereinmal mit einer Attacke bei Bourgeois abgeblitzt war, wusste der Motoracing Man: "Wenn ich jetzt nicht an Bourgeois vorbeikomme, werde ich von Schmid kassiert."

Immer wieder lancierte Scherrer einen Angriff und legte sich Bourgeois schliesslich vor der Zielgeraden zurecht. Die Schikane vor der Geraden fuhr der Romands jeweils viel zu direkt an. Scherrer liess sich etwas zurückfallen, knallte pfeilschnell durch die Schikane und nahm viel mehr Schwung als Bourgeois auf die Zielgerade mit. So überholte er den Walliser mitte der Geraden und liess das Gas stehen bis zum letzten Augenblick. Nur um Haaresbreite schaffte er es noch, in die Kurve einzulenken - den Scheitelpunkt hatte er natürlich klar verpasst. Aber auch Bourgeois leistete sich in der Hitze des Gefechts einen Faux pas und verpasste den richtigen Bremspunkt. Er war sogar so schnell, dass ihm das Terrain knapp ausging und er zu Boden musste.

Scherrer übernahm also die Führung, Schmid blieb direkter Verfolger. Bourgeois hob seine unbeschädigte GSX-R aus dem Kies und setzte das Rennen als Dritter fort. Den dritten Platz konnte er deshalb retten, weil Pennignsfeld zu wenig Sprit für das GP-Rennen an Bord genommen hatte und zum Nachtanken an die Box musste. Der Düsseldorfer gab an, den Tank vor dem Rennen randvoll gemacht zu haben und trotzdem sei ab Mitte Rennen schon die Benzinwarnlampe angegangen. Nach dem Rennen munkelte man im Fahrerlager, der schnelle Deutsche habe vor dem Rennen behauptet, 14 Liter Benzin würden für die GP-Distanz reichen - der Tankinhalt einer GSX-R liegt aber bei 18 Liter ...

Die Tankepisode kostete Pennignsfeld jedenfalls auch den vierten Platz, den Steff Flückiger natürlich liebend gerne übernahm. Der Ostschweizer vom Reifendienst war übrigens der einzige Fahrer, der mit Michelin-Reifen ausrückte und deshalb den Michelin-Cup natürlich dreimal gewann. In Magny Cours wollen Zurbrügg und Scherrer allerdings auch wieder mit Michelin an den Sohlen um die Spezialwertung kämpfen.

Aber zurück zum GP-Rennen: Bis zwei Runden vor Schluss hatte Scherrer sicher in Führung gelegen, als er auf Chrigel Jenni auffuhr, der locker Platz 6 vor Max Teuber und Manuel Junquera belegte. Nach all den Zwischenfällen mit Zurbrügg, Bourgeois und Sieger wollte der Motoracing Mann nichts riskieren. Deshalb liess er sich ein paar Kurven Zeit, um Jenni zu überrunden. Das genügte Schmid, um die Lücke zu Scherrer in der 23. Runde mit der absolut schnellsten Rennrunde (1:37.956) zu schliessen. Clever wartete der Romands bis zur letzten Runde und blies dann zwei Kurven vor dem Zielstrich zum endgültigen Angriff. Sauber packte er Scherrer auf der Bremse, zog schnell durch die Schikane und liess dem Cup-Leader keine Chance für einen Gegenkonter.

Das Duell Schmid gegen Scherrer oder alte gegen neue Suzuki

Mit einem Sieg und einem 2. Platz machte Scherrer an diesem Tag zwar wieder zwei Punkte auf Schmid (Sieg und Platz 3) gut. Trotzdem verringerte der Welsche aufgrund des Punkteunterschieds vom Vortag den Abstand in Albacete gesamthaft um fünf Punkte. 131 zu 114 lautet die Bilanz nach sechs Rennen

Faktisch beträgt Scherrers Vorsprung auf Schmid netto nur ein miekriges Pünktchen (statt brutto 17 Punkten), wenn man den Sturz von Schmid in Jerez in Betracht zieht, als Scherrer Fünfter wurde und 16 Punkte holte. Ende Saison werden die drei schlechtesten Resultate nämlich gestrichen. Das heisst, wenn beide weiterhin um Podestplätze kämpfen, muss Scherrer im drittletzten Rennen 16 Punkte seines Vorsprungs streichen, während Schmid dann seinen Nuller von Jerez "einsetzen" kann und voll punktet.

Brisant am Duell Schmid gegen Scherrer ist folgendes: Schmid hat auf die Saison 2003 hin die Suzuki GSX-R 1000 K1 von Scherrer übernommen, während der Motoracing Man auf die verbesserte K3 umgestiegen ist. Schon damals hat Scherrer beim Verkauf scherzhaft angemerkt: "Jetzt habe ich den grössten taktischen Fehler begangen. Wenn du meine Suzuki nur annähernd so souverän bewegst wie deine alte Aprilia, werde ich in den Rennen künftig nur noch deine Auspuffrohre sehen ..." Denn Schmid war schon auf der Aprilia RSV 1000 mit beherztem Fahrstil aufgefallen. Aber seit er Scherrers "alte" Suzuki mit dem von Adi Schwegler (ASR) getunten Originalfahrwerk bewegt, ist er definitiv zum heissen Titelaspiranten avanciert.

Belohnung für alle Spanienfahrer

Chrigel Jenni rückte mit seinem sozuveränen Auftritt in Albacete auf den dritten Platz im Zwischenklassement auf. Vierter ist zurzeit Steff Flückiger vor Manuel Junquera. All diesen Fahrern winkt ein guter Platz in der Jahreswertung als Belohnung für ihre beiden Spanientrips. Frank Penningsfeld ist zurzeit Sechster, wird sich aber schon in Magny Cours mit Stéphane Bourgeois um den dritten Platz im Zwischenklassement balgen. Ein Wörtchen dabei mitreden wird auch André Zurbrügg, wenn er und seine Maschine bis dahin wieder fit sind. Etwas ärgern über den laschen Saisoneinstieg dürfte sich Max Teuber. In Jerez ist er nicht zu den beiden Sprintrennen angetreten und liess sich erst von Jenni zum 4-Stunden-Rennen animieren. Teuber liegt nun im Klassement auf Rang 9 - ein vierter oder fünfter Platz könnte es mit den Jerez-Sprintrennen sein.




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